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27.08.2004 Kreuth, Ostbayernhalle (Vorbericht)
Na, dann wollen wir mal. Und wieder Tour und wieder Tourtagebuch. Diesmal nicht im VW Sharan Familiensalon, sondern im politisch korrekten Audi A6 TDI zusammen mit meinem Assistenten Kill-Till Erdenberger, auf der Suche nach Menschen, Tieren und Skandalen. Der Sommer fiel in diesem Jahr bekanntlich auf das Wacken-Wochenende, so dass wir nicht etwa von gutem Wetter belästigt wurden, sondern herbstlich gelaunt in Kreuth eintrafen. Ah, da sind sie ja alle wieder, das ganze eingespielte Team, halb Menschen, halb Onkelz, alle um 2 Jahre gealtert, aber immer noch mit der gleichen Vorfreude und dem gleichen Elan bei der Sache. Yippee, endlich!!
Donnerstag – Generalprobe mit einer entspannten Band.
Wo ein Wille ist, ist auch ein W. Das wird das fetteste Ding, was die Onkelz bis jetzt abgezogen haben. Rund 250.000 verkaufte Tickets und eine zu 100% ausverkaufte Tour. 110 Leute Crew plus 150 Mann Security. 10 Vierzig-Tonner, davon 8 beladen mit Technik und 2 beladen mit Merchandise. 8 Nightliner Busse, einen 7,5t und diverse Mietwagen und Limousinen. Hier wird das volle Licht- und Soundbrett gefahren. 250.000 Watt nach vorne raus (bringt Ohrenstöpsel mit!!), 25.000 Watt auf der Bühne und für Elektrofreaks: 180 Ampere Gesamtstromaufnahme, verteilt auf 86 Boxen – laut, laut, laut. Und hell, das auch. Viereinhalb Kilometer Kabel verbinden 380 Scheinwerfer miteinander, die eine Lichtleistung von 560 Kilowatt erbringen und die mit ihren 43 Motoren im Rigg und einer 16 Tonnen Dachbelastung von 25 Mann Lichtcrew bedient werden (wollen)! Hier wird von morgens 06:00 bis nachts um 03:00 geschafft. Einrichten, aufbauen, programmieren, vernetzen, verkabeln, versorgen. Seit fast zwei Wochen läuft nunmehr die Vorproduktion und gestern am Donnerstag ging endlich die Generalprobe über die Bühne. Alle Systeme auf „go“ und ab geht´s... warum fällt der Vorhang nicht? Fast schon ein running gag, seit der 2000er Tour, aber diesmal war´s wirklich nur eine Kleinigkeit. Am Samstag wird er fallen, wetten? Die Onkelz? Routiniert, souverän, lässig. Pe´s neues Schlagzeug sieht aus wie von einem anderen Stern. Volltransparentes Plexiglas-Raumschiff, ein Sternenkreuzer der Luxus Klasse. Man kann ihm durch die Trommel in den Schritt gucken. Die Bühne selbst, thematisch eher an ein postnukleares Wasteland erinnernd, oder an ein madmaxiges Oilfield gone bad, erschlägt erstmal durch ihre Größe. Fast zu fett für Kreuth, macht Euch auf einiges gefasst. Das gilt vor allen Dingen für die Leute vorne im mosh pit, da könnte es schon mal kräftig rumpeln, gerade am Anfang.
Bis zum letzten Augenblick wird hier geschraubt und eingerichtet. Die Band spielt zunächst Ihr ganzes Set durch, 28 Stücke wenn ich mich nicht täusche, um sich dann noch einmal die ganze Show auf Video anzuschauen. Stephan diskutiert mit der Lichtcrew bis in die frühen Morgenstunden und auch am Freitag ruht sich niemand aus. Morgens um 09:00 stehen die Norweger vor der Halle. Nach über 20 Stunden unterwegs, haben die Wonderfools endlich Kreuth erreicht. Es hatte ja bereits im Vorfeld schon regen Mailverkehr mit den 5 sympathischen jungen Punkrockern gegeben, so dass man sich jetzt endlich persönlich kennenlernt und auch gleich über Norwegen, Deutschland, Rock´n Roll und die Onkelz diskutiert. Die Wonderfools, die ja mit ihrem „Doing their duty to the nightlife“ bereits ein richtig fettes Album hingelegt haben (check mal „last night on earth“), dachten es wäre eine gute Idee, gleich noch eine Scheibe hinterherzuschieben. „Future Classics“ heißt das Teil und wird von den Jungs an ihrem Merchandisestand verkauft werden. Das sage ich deshalb, weil diese Männer hier ohne einen Pfennig Geld auflaufen, sich kein Hotel und kein Catering leisten können und voll und ganz von ihren Merchandiseverkäufen abhängig sind. Wir lassen hier zwar niemanden verhungern, aber die Band wird von ihrem Management kurz gehalten und lebt auf ganz schmalem Fuss, was sie umso authentischer rüberkommen lässt. Bin gespannt, wie Ihr sie finden werdet.
Bei B.O. in Frankfurt wurde derweil genauso gewirbelt, wie seit fast zwei Wochen in Kreuth. Single abgehakt, Album abgehakt, Fanzine, Tour und Platinverleihung noch auf der Agenda und natürlich die spontanen Einfälle des Tourmanagements, die hier immer für große Heiterkeit sorgen... „Was? Können Sie uns bis Samstag noch schnell 250.000 Flyer „Lausitzring“ drucken? Ich weiß, dass heute Mittwoch ist, ja. Ach zwei Paletten sind das? À 400 Kg? Ja... kein Problem, liefern Sie bitte nach Kreuth, das ist in Bayern...“ Mann, Thomas Hess und seine Aufträge. Letztendlich klappt am Ende doch immer alles. Es schleift und hinkt manchmal, aber es funktioniert. Erstaunlich.
Natürlich wird diese Tour von einer dunklen Wolke begleitet, die sich bedrohlich düster und fett über jeder Halle einpendeln und so, wie es aussieht, zum Ende hin zu einem echten Monster anschwellen wird. „DIE LETZTE TOUR“ fettgedruckt, Steht auf dieser Wolke. Ja, was soll ich dazu sagen? Ich weiß es zwar, aber ich vergesse es immer wieder, wenn ich hier durch die Gegend laufe. Wahrscheinlich werde ich es erst in Hamburg realisieren, oder sogar noch später. Die Onkelz hören auf, dies sind die letzten Live-Noten, die wir zu hören bekommen werden. Schade, traurig, ja, das schon, aber wir wollen es auch nicht überbewerten oder zusätzlich auf die Tränendrüse drücken. Diese Tour wird noch einmal ein echtes Ausrufezeichen hinter die Karriere der Onkelz setzen und jedem, der sich ein Ticket hat sichern können, klar machen, dass es eine solche Band wie die Onkelz kein zweites mal geben wird. Das ganze Ding ist und bleibt ein Phänomen und bei dem Versuch es zu erklären, kann man nur scheitern. Erleben ist wie immer besser, als nur darüber zu lesen, und ich kann Euch nur eins sagen, was hier abgeht, müsst Ihr gesehen haben...
Morgen mehr, versprochen...
Gruss
Ed
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