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17.09.2004 Berlin, VeloBerlin, Berlin, wir sind schon in Berlin! Wofür sich Jahr für Jahr 64 Fußballteams mühen und nur zwei nicht vergebens, haben wir schon erreicht. Wir sind in Berlin!
Berlin, die Stadt, die einstmals den Führerbunker beheimatet hat und immernoch den Print-Onkelzhasser Nummer 1 Heimstatt bietet. Ich glaube nicht, dass ich extra erwähnen muss, dass wir als Jubelperser mit didaktischem Anspruch natürlich beiden Phänomenen Rechnung tragen.
Unser A6 schipperte uns also schon gestern am Off-day die rund 200 Kilometer von Leipzsch in die Hauptstadt – ohne besondere Vorkommnisse, ohne Zwischenfälle – aber mit gewohnt schlechter Musik! (Muss ich aus Imagegründen hier mal so fallen lassen...) Was ich sagen will: Wir hatten genug Zeit, zur Recherche und aus Neugier mal den „Untergang“ anzuschauen. Man hat ja schon einiges Euphorisches gehört und gesehen über Bruno Ganz als Hitler, aber selbst ist der Mann und deshalb nix wie rinn. Ausserdem fühlten wir uns berufen, das Machwerk mal auf seine Seriosität abzuklopfen, denn der gemeine Requisiteur nutzt ja schonmal gerne irgendwelche Onkelz-Devotionalien, um eine braune Gesinnung der Protagonisten zu suggerieren. Super-GAU: Der Führer im Onkelz-Shirt! Oder Himmler pfeift „Mexico“... Okay, blödes Zeug, diese Ebene wird der Sache nicht gerecht. Vielleicht noch ein paar ganz kurze Vorinfos rund um das Geschehen. Traudl Junges – Hitlers Sekretärin – Autobiographie bildet die Grundlage des Films, wird aber vom fertigen Drehbuch natürlich etwas verfremdet und auf 2 1/2 Stunden Kino-Kompatibilität getrimmt. Für viele ein Minuspunkt, für mich absolut legitim, denn nichts anderes macht Guido Knopp in seinen preisgekrönten Dokumentationen a la „Hitlers Frauen“ auch – und der Mann ist Historiker, kein Filmemacher. Das, was Produzent Bernd Eichinger schließlich auf Zelluloid gebannt hat, ist echt der nackte Wahnsinn geworden und dokumentiert selbigen in den letzten Tagen im Führerbunker auf plastische Weise. Pluspunkt: Die Schauspieler arbeiten durch die Bank auf einem unglaublichen Niveau, egal ob es Ulrich Noethen als Himmler, Heino Ferch als Albert Speer oder eben Bruno Ganz als Hitler ist. Ohne solche Leute kann man sich mit so einem Projekt ganz schnell lächerlich machen, wenn sie aber gefunden sind, erreicht die Sache eine Authentizität, die es einem erlaubt, eine Mischung von Dokumentation und Spielfilm zu machen. Es geht hier ganz sicher nicht darum, eine Erklärung oder gar Rechtfertigung für den Führer-Wahn heraus zu arbeiten oder eine allumfassende Interpretation dessen zu liefern, was Hitler umtrieb und wie es zu all dem kommen konnte. Es ist ein Doku-Spielfilm, der sich durchaus seine Freiheiten am Leitfaden der verbrieften historischen Ereignisse nimmt. Keine „Das Boot“-artigen wilden Kamerafahrten, sondern zurück haltende Totalen. Wenn Hitler seinen ersten cholerischen Anfall bekommt und mit zitternder linker Hand rumfuchtelt, gibt es direkt eine fette Gänsehaut und wenn er gleich in der nächsten Szene von Goebbels´ Kindern freudig als „Onkel Hitler“ begrüßt wird, wird einem schlagartig die wahnsinnige, morbide Schizophrenität dieses Mannes bewusst. Der Boulevard prangerte ja an, dass es nicht statthaft ist, Hitler als Menschen zu zeigen, mit dem man in manchen Szenen durchaus sowas wie Mitleid empfinden könnte – zum Beispiel wenn er sich in seinem Wahn von seiner Admiralität verraten wähnt. Welch ein Schwachsinn... „Sympathie for the devil“ gibt es hier wirklich nicht zu verteilen. Ich gehe sogar noch weiter und lobe Eichinger für seinen Mut, auch diese Facette zu beleuchten. Eine weitere Stärke des Streifens, denn was beleuchtet den Wahnsinn deutlicher, als den Mann, der für den Tod von 50 Millionen Menschen verantwortlich zeichnet, zu zeigen, wie er im Angesicht des Untergangs seiner „Vision“ die Hausdame für ihre vorzüglichen Nudeln lobt? Da bleiben keine Sympathien hängen, ganz sicher nicht. Da das hier nicht das schon beschworene Feuilleton ist, sondern das Tourtagebuch der Onkelz, will ich jetzt auch mal schnell enden und euch nur raten: Reingehen, anschauen, reflektieren und staunen!
Okay, Berlin wäre nicht Berlin ohne seine Schmierenkomödianten von TAZ, B.Z. und MoPo, die sich auch dieses Jahr schon wieder mit gnadenloser Diletanz in die ewigen Bestenlisten der Onkelzberichterstattung verewigt haben. Deshalb im Anschluss ein paar kurze Beispiele, entsprechend kommentiert:
Oliver Rohlf – was war das denn da bei dir in der Berliner Zeitung vom 09.08. diesen Jahres los? Hast du dem Chefredakteur etwa aus Versehen was über die Hose gekippt? Zu spät zur Nachhilfe gekommen oder einfach von Mutti zu heiss gebadet? Jedenfalls muss es irgendwelchen aussergewöhnlichen Umständen geschuldet sein, dass ausgerechnet jemand wie du über das Wacken Open Air berichten musste. Okay, wir wissen, dass in Berlin jede Redaktions-Alarmglocke schrillt, wenn die Onkelz mal nicht – wie üblich - in verrauchten 200 Mann-Faschoschuppen spielen, aber dann gleich so böhse werden? Das ist nicht so schön... Oli, wie kommst du denn darauf zu behaupten, dass die Onkelz ihr einziges Konzert 2004 in Wacken abhalten? Und wo dir schon echt negativ aufstößt, dass mündige Familienväter ihre Schützlinge in Onkelz-Shirts stecken: Wie fandest du denn die Mothers of Metal, die ihren der Fötal-Phase kaum entwachsenen Jüngstgeboren die Schädelplatte bis auf einen Mittelstreifen kahl scheren und dann bei 35° C im Schatten in ein Lederkorsett mit MANOWAR-Aufnäher einschnüren? Das ist cool? Das ist der von dir so schwerstens abgefeierte „beste Musikanachronismus der westlichen Welt“ in manifestierter Reinkultur? Is´ klar... Es sei dir zugestanden, aber dann schreibe bitte nicht so auf ganzer Linie untrue pieces of unholy shit wie dass die „frohe Kunde vom freiwilligen Karriere-Aus der Böhsen Onkelz“ die Herzen derer in Verzückung versetzt hat, die sich nicht so sehr wie du darüber gefreut haben, die „einstigen Rechtsausleger“ in Wacken begrüßen zu dürfen. Okay, ich weiss nicht, wo du gestanden hast, aber ich hab irgendwie 35.000 verdammt gut abfeiernde Leute gesehen. Ich kann mich auch täuschen, aber der überwiegende Teil von denen hatte ziemlich lange Haare. Gemäß deiner Abhandlung suggerierst du ja: Onkelz-Fan = kahlgeschorener Assi mit einer Halsschlagader dicker als das Telefonbuch von – sagen wir mal – Dortmund. Entweder hast du beschissen und polemisch recherchiert oder eine verdammt verzerrte Wahrnehmung. Beides scheisse – findest du nicht auch? Apropos „Rechtsausleger“: Da hast du aber ganz schön tief in die Trickkiste gegriffen. Die Onkelz hören ja jetzt leider auf, aber ich habe gehört, es gibt da oben bei euch einen neuen Feuilletons-Liebling, den es gilt, mit fiesen Totschlag-Metaphern in den Staub zu drücken.
Nun gut, dass die Onkelz Wolle Petry – like Mitsingrock spielen, ist ja im Grunde kein schlechtes Zeichen – scheint ja also ganz gut anzukommen. Aber dass du der Meinung bist, dass die Onkelz-typischen „Keiner-versteht-uns-Heulsusentexte“ nicht gegen lyrische Kleinode wie „In the land of the gorron, far across the sea, we´ll journey there upon the wings of fire through the mystic portal, to find the ancient one“ anstinken kann, lässt mich doch an deiner Ernsthaftigkeit zweifeln... Da hat das „unangenehmste aller Kapitel in der neueren deutschen Musikgeschichte“ doch tatsächlich heiligen Boden entehrt und mit ihren Heiligen Liedern direkt zu einer eigenen Kultstätte umgeweiht.
Ach hörmal, noch was.. Du findest es echt geil, wenn eine Band mit einem Schweinekopf herumsaut (gemerkt? Das Wortspiel übertrifft beinahe deins in der dritten Spalte („Schweinerei“ (Anm. von mir) – und ich bekomme nichtmal Geld dafür) und grenzdebile Düsterlinge im Publikum damit noch Fußball spielen? Hey, deine Maßstäbe, was bei dir unter dem Label „verdammt beunruhigend“ firmiert, sind echt krotesk entrückt.
Ich will dich nicht in Panik versetzen, aber ich glaube, du solltest beizeiten mal wieder ein gutes Buch lesen oder dich mit Klaue von der FAZ (sicher mehr zu Klaue in Frankfurt... Anm. von mir) zum Assoziationskettenbilden treffen. Könnten ein paar verdammt evil Entdeckungen dabei raus kommen. Solltet ihr echt mal beherzigen, vielleicht dilettiert ihr euch ja schon einen Feuilleton-Füller fürs Sommerloch 2005 zusammen. Okay, ich bringe dann den Stein mal ins Rollen: 2005 – also genau 60 Jahre nach Ende des WW II – spielen die Onkelz ihr Abschiedskonzert. Na? Klingelts schon? Macht was draus... Metal is forever – nations come together. Es geht eben alles seinen geregelten Gang – es geht also gar nichts.
So viel zur B.Z.. Aber auch unsere Freunde von der TAZ waren selbstverständlich nicht unttätig!
„Die Ex-Schocker Böhse Onkelz sind mit ihrem Abschiedsalbum „Adios“ auf Platz 1 der deutschen Albumcharts eingestiegen. Wir fragen uns, ob die neue Scheibe Stumpfrockmist nur deswegen so begeistert gekauft wird, weil es (endlich!) die letzte Platte der Frankfurter ist, sind aber nicht sehr optimistisch. Onkelz-Platten haben sich immer verkauft wie warme Semmeln. Außerdem sind auch Rammstein mit ihrer Single „Mein Teil“ bei den Singles direkt mit dem zweiten Platz gestartet. Das Stück verhandelt das Thema Kannibalismus. Nach dem alten Muster schlachten Rammstein alles aus, womit sie gerade provokativ auffallen können. Das langweilt uns sehr, und wir hoffen deswegen auch auf baldige Auflösung. Unser Vorschlag: Vielleicht könnten Onkelz und Rammstein zusammen den Kannibalismus erproben. Das wär doch mal ein echter Schocker und ein schönes Ess-Spektakel.“
So zu lesen in der Ausgabe vom 07.08.. Gut, wieder mal die linke Street-Bissigkeit unter Beweis gestellt, Imagepunkte gesammelt und die lokale AntiFa hat ihr Gruppenabo vermutlich auch bis zum Sankt Nimmerleinstag verlängert, aber jetzt bitte wieder ab zum Kaffeekochen oder zurück zum tip.
Aber genug davon, mehr von diesen kleinen Leckerbissen werdet ihr nach der Tour in der Timeline zu 2004 finden.
Die beiden Gigs heute und morgen werden – wie manche von euch sicher schon wissen – mit großem Zusatzaufgebot an Mensch und Material gefilmt. Das Velodrom an sich ist ja ein eher schmuckloser Bau, aber heute herrscht hier Atmosphäre hoch 10. Die Radrennbahn ist mit einem schwarzen Transparent abgedeckt (die von euch gestalteten Flaggen kommen morgen zum Einsatz) und zusätzlich wurden 8.000 (!) kleine Lämpchen verteilt, die die ganze Arena während des Intros in eine Glühwürmchenkolonie verwandelt haben. Das war schon sehr geil, ich bin gespannt, wie das im fertigen Tourfilm aussieht! Ach ja, ehe ich es vergesse: Die Wonderfools. Leider habe ich heute nicht so viel mitbekommen, war aber wohl ganz gut – die Ansage vorher wirkt Wunder. Was so ein bisschen präventives Kopfwaschen so alles bewirken kann... Aber zurück zu den Onkelz! Die Jungs sind ja mittlerweile schon alte Hasen, was das „Filmgeschäft“ angeht und so gibt es auch keine großartige Zusatznervosität, wenn die ganze Show ein Kameramann auf der Bühne rumschwirrt. Auf jeden Fall merkt man es ihnen nicht an. Souverän und lässig wie immer. Vier topmotivierte, hervorragend eingespielte Onkelz, die eine Show der gehobenen internationalen Klasse ins Velodrom zaubern! Vielleicht nicht die beste Show der Tour, aber unzufrieden werden hier und heute sicherlich auch wieder die wenigsten raus gegangen sein. Auch dass es der Filmerei wegen das gesamte Set über ziemlich hell war, tat der guten Stimmung null Abbruch. Unterhaltsam mit Kultfaktor 8 mittlerweile die Diskussion um „Wieder mal ´nen Tag verschenkt“. An alle, die noch auf das eine oder andere Konzert dieses Jahr gehen: Viel Spaß dabei... Da werden Erinnerungen an selige Thermo- und Stimmungswettenzeiten wach. Die beiden absoluten Highlights haben sich die Onkelz feat. Ihr bis zum Schluss aufgehoben. Da der gemeine Onkelz-Fan ja gerne mal ein fröhliches „Senoritas im Arm, Tequila lauwarm“ anstimmt, gabs diesmal richtig! Berlin singt „Mexico“ – alleine. Weltpremiere, gelungen, weiter machen, nächstes Mal wieder bitte! Eure Gesänge danach machten euch dann unsterblich: Die wahrscheinlich längste Schlussansage ever! So deutlich hatten die Jungs vermutlich noch nie einen Kloß im Hals. Super, Super, Super! Up to eleven, Höchstpunktzahl von den Onkelz. Das war gigantisch!
Ach, und heute möchte ich schnell auch noch die die Gelegenheit nutzen, mal die Damen und Herren vom Cateringteam ihren verdienten Platz im Rampenlicht einnehmen zu lassen. Jeden Showtag Essen und Trinken für eine Crew von über 150 Leuten zu zaubern, fernab von irgendwelchem Kantineneinheitsfraß, verdient absolute Hochachtung. Und die Mädels sind dabei immer nett und lustig, auch zur Rush Hour am Buffet! Lecker, lecker... Ich möchte jetzt allerdings nichts hören von wegen „Sieht man ja an deinem Bombenbild, wie gut und reichlich das ist...“. Das ist alles Veranlagung!
Schön wars, ich freu mich auf morgen!
Macht´s gut,
Till
P.S.: Kein P.S.!!
drom
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